Interview mit Zlatko Vucetic, dem neuen CEO bei Infront
Zlatko, nur sechs Monate nach Ihrem Einstieg bei Infront als stellvertretender Vorstandsvorsitzender im Juni letzten Jahres haben Sie Anfang November die Leitung des Unternehmens übernommen. Können Sie die Hintergründe dafür etwas näher erläutern?
Infront war von Inflexions Erfolgsgeschichte bei der Entwicklung hochkarätiger Technologie- und Datenunternehmen beeindruckt, und die Gründer haben die Privatisierung des Unternehmens uneingeschränkt unterstützt. Der strategische Dialog zwischen dem Managementteam von Infront und Inflexion war und ist sehr kooperativ, und beide Seiten sind sich einig, wo Infront in drei bis fünf Jahren stehen soll.
Inflexion hat die Rolle des stellvertretenden CEO eingeführt, um das Managementteam mit zusätzlichem Know-how und Erfahrung auszustatten. Es war also naheliegend, mich für die Position des CEO vorzuschlagen, als der frühere CEO und Mitbegründer von Infront, Kristian Nesbak, entschied, sich auf seine Rolle im Vorstand zu konzentrieren. Er hat mich bei der Entscheidung, CEO zu werden, sehr unterstützt.
Welche Erkenntnisse und Eindrücke haben Sie in dieser Zeit über Infront gewonnen? Und wie hat sich die Zusammenarbeit mit dem neuen Eigentümer Inflexion entwickelt?
Der Bereich der Finanztechnologie hat sich in den letzten zehn Jahren stark gewandelt, aber nur wenige Unternehmen konnten sich so gut am Markt positionieren und so stark wachsen wie Infront in den letzten Jahren. Mit seinem Ansatz einer modularen Plattform und einem beeindruckenden Kundenstamm, auf dem man aufbauen kann, besitzt Infront großes Potenzial für weiteres Wachstum.
Infront verfügt über umfangreiches Know-how, und mit der Übernahme von vwd kommen 70 Jahre Erfahrung hinzu, die das Unternehmen in die Lage versetzen, intelligente Lösungen für den gesamten Finanz-Workflow anzubieten. In der DACHL-Region genießt das Unternehmen großes Vertrauen für seine zuverlässigen Produkte und die erfolgreiche Markengeschichte.
Bei der Entwicklung von Plänen zur Beschleunigung der Infront-Strategie hat Inflexion das Unternehmen sehr stark unterstützt. Wir sind beide der Ansicht, dass wir in der Lage sein sollten, mehr Wachstum in Märkten zu erzielen, in denen die Konsolidierung und die Anforderungen an die Anbieter zunehmen. Die Partnerschaft mit dem Team von Inflexion wird uns ermöglichen, in eine neue Phase des Wachstums und der Entwicklung des Unternehmens einzutreten.
Auch das Jahr 2021 stand ganz im Zeichen der Coronavirus-Pandemie. Wie hat sich das Geschäft von Infront unter diesen Bedingungen entwickelt?
Infront war bestens gerüstet, um sowohl die Benutzer als auch die Belegschaft bei ihrer Arbeit im Home Office zu unterstützen. Das Infront Professional Terminal und andere Produkte sind innerhalb weniger Minuten von überall aus zugänglich. Während COVID konnten unsere Kunden so die Verbindung zu den Finanzmärkten aufrechterhalten. Zu Beginn der Pandemie verzeichneten wir sogar einen Anstieg der Anfragen, und unser Geschäft hat sich auch während der Pandemie gut entwickelt. Wie alle anderen Unternehmen haben wir es zwar vermisst, unsere Kunden persönlich zu treffen, aber wir haben es geschafft, mit ihnen virtuell in Verbindung zu bleiben, wie der Rest der Welt auch.
Auf dem Finanzdienstleistungsmarkt scheinen zwei Trends bestimmend zu sein, zumindest zurzeit: einerseits erwarten die Kunden immer günstigere Gebühren und andererseits eine „Hyper-Personalisierung“ der Dienstleistung. Wie geht Infront mit diesen Trends um?
Das scheint mir ein Missverständnis. Die Kunden verlangen bessere Produkte, mit denen sie ihre jeweiligen Herausforderungen und Bedürfnisse effizienter bewältigen können. Die Anforderungen haben sich geändert. Kunden suchen Anbieter, die flexibel innovative Lösungen bereitstellen, welche gleichzeitig möglichst wenig Serviceaufwand erfordern.
Um die Bedürfnisse unserer Kunden über ihren gesamten Finanz-Workflow hinweg zu erfüllen, sind unsere Lösungen modular und skalierbar. Mit Infront bekommen sie genau, was sie brauchen, und zahlen nur für die Dinge, die sie nutzen. In Gesprächen erwähnen unsere Klienten tatsächlich zahlreiche Herausforderungen, wobei immer wieder drei Hauptaspekte im Vordergrund stehen: der digitale Wandel, Kostenoptimierung und die Einhaltung von Vorschriften. Damit sie in diesem Umfeld erfolgreich agieren können, brauchen sie einen Partner mit starker lokaler Marktexpertise und einem umfassenden Produktportfolio. Genau diese Bereiche deckt Infront erfolgreich ab.
Mit 13 Standorten in Europa und Südafrika sind wir nah bei unseren Kunden. Es ist einfach, mit unseren lokalen Experten in Kontakt zu treten. Geschätzt werden wir auch für unseren individuellen Service am Standort des Kunden. Unsere Teams unterstützen vor Ort während des gesamten Projekts, bis hin zur Integration der Lösung in die bestehende Systemlandschaft, und tragen damit zur Schonung der Kundenressourcen bei. Ebenfalls wichtig aus Kundensicht ist, dass sich unsere Lösungen anpassen und unkompliziert in vorhandene Systeme integrieren lassen.
Welche Wachstumsstrategie und Wachstumsziele verfolgen Sie für Infront in den nächsten fünf Jahren? Und worin sehen Sie die größten Chancen und die größten Herausforderungen?
Infront hat eine starke Position in den europäischen Kernmärkten. Wir wollen unsere Stellung auf diesen Märkten ausbauen, indem wir den von unseren Benutzern empfundenen Mehrwert gewinnbringend als Hebel nutzen. Dazu zählen vielfach bewährte Lösungen, Benutzerfreundlichkeit, schnelle Implementierung und einfache Integration in andere Systeme sowie umfassendes Know-how und lokaler Support.
Das organische Wachstum ist vorhanden, doch wir müssen unsere Bestrebungen zur Konsolidierung unserer Positionen in bestimmten Märkten verstärken. Ich möchte, dass wir als Herausforderer im Bereich der Finanzdatensoftware betrachtet werden und sogar als die Nummer 1 bei der Bedienung eines spezifischen Segments innerhalb der Branche. Ich glaube fest daran, dass sich die Finanztechnologie 2.0 in Richtung eines vertikalisierten Angebots entwickelt, und wir sollten Vorreiter dieser Entwicklung sein.
Mithilfe der Expertise von Inflexion werden wir unsere Akquisitionen beschleunigen und uns dabei auf die Konsolidierung kleinerer Anbieter in ganz Europa und auf die Erzielung von Kostensynergien konzentrieren.
Chancen:
Unser Kundenstamm von 3.200 Unternehmen und Institutionen bietet ein enormes Potenzial für Cross-Selling. Außerdem prüfen wir, wie wir mehr Ressourcen für unsere wichtigsten Accounts bereitstellen können, um unseren Anteil am Einkaufsvolumen (Share of Wallet) deutlich zu erhöhen.
Die Kombination aus der 70-jährigen Erfahrung von vwd und dem innovativen Ansatz von Infront macht uns zu einem attraktiven Partner.
Herausforderungen:
Ich habe bereits einige unserer größten Herausforderungen angesprochen:
Trotz unserer beachtlichen Größe sind wir in unseren Kernmärkten immer noch nicht für unser komplettes Angebot bekannt, und der Mehrwert für den Kunden ist nicht immer eindeutig erkennbar.
Wir haben ein sehr großes Produktportfolio. Dementsprechend ist die Konzentration auf unsere Roadmap eine zentrale Herausforderung, ebenso wie unseren Kunden den besten Nutzen zu bieten, ohne uns dadurch zu überfordern. Es passiert schnell, dass man versucht, zu viele Dinge auf einmal zu erreichen, viel Aufwand betreibt und dennoch nur eine minimale Wirkung im einzelnen Produktbereich erzielt.
Der Markt für die von Infront angebotenen Finanzlösungen ist hart umkämpft. Wir müssen in Bestform sein und sicherstellen, dass unsere Produkte und Stärken in unseren Märkten bekannt sind.